Das sogenannte Nussknackerphänomen
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Das Nussknackerphänomen (wiewohl eine unglückliche Bezeichnung ist ein sehr häufiges Gefäßkompressionsphänomen. Ich habe in den letzten zwanzig Jahren hunderte Patienten mit diesem Krankheitsbild diagnostiziert und behandelt.

Es entsteht – evolutionär betrachtet – durch den aufrechten Gang des Menschen und die sich dadurch entwicklende Krümmung („Lordose“) der Lendenwirbelsäule. Bauchschmerzen, Flankenschmerzen (oft links), eine linkskonvexe Skoliose im Lendenbereich, Unterleibsschmerzen (bei Frauen und Mädchen meist über dem linken Eierstock), Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Hämorrhoiden und Schmerzen im Bereich des Genitales (Dyspareunie – Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Hodenschmerzen) sind die häufigsten Symptome. Die Diagnose kann mit Hilfe der funktionellen Farbdopplersonografie eindeutig gestellt werden.

Vom Nussknackersyndrom wird dann gesprochen, wenn zu diesen Beschwerden noch eine Hämaturie kommt, das heißt eine Blutausscheidung im Urin.

Die folgende Abbildung zeigt eine schematische Darstellung einer zwischen Aorta und Arteria mesenterica superior gestauten Nierenvene: Der größere blaue Kreis ist der Querschnitt der Aorta, der kleinere blaue Kreis repräsentiert die Arteria Mesenterica. Rot dargestellt ist die Nierenvene, die von rechts kommend, zwischen beiden Arterien eingeklemmt wird, was in einer Stauung resultiert:

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Das folgende Bild zeigt die gleiche Situation im Ultraschallbild:

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Umgehungskreisläufe und daraus resultierende Beschwerden

Da die Stauung der linken Nierenvene den normalen Blutfluss behindert, kommt es oft dazu, dass sich der Blutfluss Umgehungskreisläufe sucht. Dabei kommt es oft zur Stauung der Beckenorgane und daraus resultierend dort zu Funktionsstörungen und Schmerzen. Häufige Funktionsstörungen sind Harndrang bei geringer Blasenfüllung, Menstruationsbeschwerden, schmerzhafte Stuhlentleerung bei Hämorrhoiden, Genitalbeschwerden, Stauung der Bein- und Dammvenen links, sowie Thromboseneigung des linken Beines.

Ein häufiger Umgehungskreislauf geht über die linke Eierstockvene. Diese nimmt im Gegensatz zum Normalzustand Blut aus der gestauten linken Nierenvene auf und leitet dieses Blut rückwärts gerichtet über den linken Eierstock in die Beckenvenen links, oder, da hier der Abfluss ebenfalls behindert sein kann, über die Gebärmutter auf die rechte Seite der unteren Hohlvene zu. Im Ultraschallbild erscheint sich die linke Eierstocksvene erweitert und oftmals geschlängelt – ein Resultat des durch die Stauung der Nierenverne erhöhten Drucks. Die Folge sind Schmerzen im linken Unterbauch.

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Ein anderes Phänomen, das aufgrund der Umleitung des Nierenvenenbluts über die linke Eierstockvene auftritt, sind Krampfadern an der Gebärmutter (Uterus). Die Folge sind Schmerzen im Unterleib und links um Bauchraum:

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Die folgende Animation veranschaulicht die Hindernisse des Blutflusses aus der linken Nieren beim Nußknackersyndrom:

Therapeutische Möglichkeiten

Die Therapie beginnt mit Übungen zur Verminderung der Lordose und kann durch medikamentöse oder auch gefäßchirurgische Eingriffe ergänzt werden. Der Effekt aller Therapien kann sonografisch anhand der Durchblutung der linken Niere und der linken Nierenvene genau gemessen werden, sodass danach fundierte Empfehlungen zur Therapie gegeben werden können.

 

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