Chronisches regionales Schmerzsyndrom mit Schwellung der rechten Hand bei einem Patienten mit einer engen Klappe der Vena subclavia an ihrer Einmündung in die unter Druck stehende Vena jugularis interna.
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Die 48-jährige Patientin leidet nach einer leichten Abschürfung der Haut auf dem rechten Handrücken bei Arbeiten im Garten an einer unmittelbar danach auftretenden schmerzhaften Schwellung der rechten Hand, die mit Bewegungseinschränkungen einhergeht.

Nach einer unauffälligen Röntgenuntersuchung der Hand wurde eine Ruhigstellung sowie eine Therapie mit Antibiotika und dem Schmerzmittel Ibuprofen empfohlen. Dies blieb ohne Effekt. Es zeigt sich weiterhin eine ausgeprägte Schwellung der gesamten Hand sowie eine nahezu vollständige Bewegungseinschränkung im Handgelenk und in allen Fingern. Ein Faustschluss ist nicht ansatzweise möglich, ebenso wenig eine Streckung der Finger. Die Hand ist bläulich verfärbt. Die Patientin berichtet von wechselnden Kälte- und Wärmeempfindungen. Die Schmerzen sind sehr stark ausgeprägt und haben einen neuropathischen Anteil in Form einer Hyperalgesie. Daneben besteht eine bekannte, stabile Trigeminusneuralgie.

In der Eigenanamnese ist eine CRPS-Symptomatik am gleichen Arm vor vielen Jahren dokumentiert, die durch die Resektion von Narbengewebe an der Vena subclavia beseitigt werden konnte. Außerdem bestand eine ausgeprägte CRPS-Symptomatik am linken Bein, die auf eine May-Thurner-Konstellation zurückgeführt werden konnte. Nach Dekompression der linken Beckenvene und Resektion des Lumbalganglions bildete sich die Symptomatik am linken Bein ebenfalls vollständig zurück.

Am Tag der Untersuchung zeigt sich eine zitternde, geschwollene und sehr schmerzempfindliche rechte Hand.

Die Schwellung erstreckt sich bis zum distalen Drittel des rechten Unterarms. Die teigige, weiche Schwellung zeigt keine umschriebene Verhärtung. Äußerlich findet sich keine umschriebene Hautveränderung.

Die quantitative Farbdopplersonografie beider Arme zeigte ein deutliches Ödem im Bereich des schmerzhaften Handrückens rechts mit blätterteigartiger Auflockerung der Subkutis durch eingelagerte Flüssigkeitsschichten.

Die Flussvolumenmessung in den Venae brachiales beider Arme erbrachte keine signifikante Differenz: Rechts wurden 43 ml/min und links 35 ml/min gemessen.

 

In der rechten Vena subclavia ist ein besonders stark ausgeprägter Puls zu verzeichnen. Dieser wird durch den intermittierenden Verschluss einer Klappe an der Mündung der Vena subclavia in die Vena jugularis interna verursacht. Diese Klappe verschließt sich rhythmisch und verursacht somit die pulsatile Modulation der Blutströmung.

In der linken Vena subclavia findet sich dagegen kein so stark ausgeprägter Puls und auch keine Klappe an der Mündung der Vene in die linke Vena jugularis interna. Hier ergießt sich das Blut ohne Kalibereinengung in die Jugularvene.

Die rechte Jugularvene steht unter deutlich höherem Druck, was an ihrer runden Konfiguration im Querschnitt erkennbar ist. Links ist die Vene dagegen schmal, queroval und offensichtlich schlecht gefüllt.

Die schmerzhafte Schwellung der rechten Hand kann daher mit einer venösen Abflussbehinderung aus dem rechten Arm in Zusammenhang gebracht werden, die durch die sich rhythmisch verschließende Klappe verursacht wird. Der Klappenschluss wird durch einen gesteigerten Druck in der rechten Vena jugularis erzwungen. Offenbar besteht eine asymmetrische Drainage des Blutes aus dem Schädel, wobei der Abfluss über die rechte Vena jugularis interna bevorzugt wird. Die linke V. jugularis interna wird nämlich zwischen dem Halsnickermuskel (M. sternocleidomastoideus) und der Halsschlagader (A. carotis communis) hochgradig komprimiert.Trotz dieser Abflussbehinderung besteht aufgrund des venösen Staudrucks im rechten Arm ein unverminderter Volumenfluss aus dem Arm in die zentralen Venen. Das bedeutet, dass bei einem geringeren Querdurchmesser der rechten Vena subclavia im Vergleich zur linken der Druck in der rechten Vena subclavia und somit in den vorgeschalteten Arm- und Handvenen deutlich höher sein muss.

Der sonografische Befund erlaubt somit die Deutung des CRPS der rechten Hand als Folge einer asymmetrischen Drainage des Schädels mit Kompression der Mündung der rechten Vena subclavia in die Vena jugularis interna rechts. Die Klappe der Vena subclavia ragt dabei wie ein Ventil in die Jugularvene hinein.

 

Die rhythmischen Druckschwankungen in der rechten Vena jugularis werden durch den Puls des rechten Vorhofs verursacht, der sich in die prall gefüllte Vena jugularis fortpflanzt und somit die Klappe der Vena subclavia rhythmisch komprimiert.

 

 

Bei der Sichtung der medizinischen Literatur wurden ähnliche Fallbeschreibungen gefunden:

CUCCI CE, BOTTINO CG, CIAMPA V. VENOUS OBSTRUCTION OF THE UPPER EXTREMITY CAUSED BY A MALFORMED VALVE OF THE SUBCLAVIAN VEIN. Circulation. 1963 Feb;27:275-8. doi: 10.1161/01.cir.27.2.275. PMID: 14173496.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/14173496/

Hier wird ein 39-jähriger Mann beschrieben, der als Lagerarbeiter eine Schwellung des linken Arms mit bläulicher Verfärbung und Schmerzen sowie Funktionseinschränkung entwickelte. Der venöse Druck in der linken Vena basilaris (Ellbeugenvene) war doppelt so hoch wie in der rechten, nämlich 7,8 mmHg.

Die Phlebografie zeigte eine abrupte Unterbrechung der Vena subclavia.

 

Liao J, Wu Z. Venous obstruction of the upper extremity caused by subclavian vein valve hypertrophy. Interdiscip Cardiovasc Thorac Surg. 2024 Oct 8;39(4):ivae165. doi: 10.1093/icvts/ivae165. PMID: 39348191; PMCID: PMC11648952.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39348191/

Hier wird ein 26-jähriger Mann beschrieben, der eine über Jahre zunehmende Schwellung des rechten Armes mit bläulicher Verfärbung und Schmerzen entwickelt hatte, die beim Händewaschen deutlich zunahmen. Außerdem wurde ein Schweregefühl des Armes beschrieben. Ursache der venösen Abflussbehinderung war eine verdickte Klappe der Vena subclavia an der Mündung in die Vena jugularis/Vena brachiocephalica. Der Patient wurde erfolgreich mit einer Stentimplantation behandelt.

 

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